Ja, Sie können eine Änderung des Grundsteuerwertbescheides beantragen, wenn der vom Finanzamt angesetzte Bodenrichtwert nicht die tatsächlichen Gegebenheiten Ihres Grundstücks widerspiegelt, insbesondere wenn ein Teil Ihres Grundstücks baurechtlich nicht bebaubar ist. Die neue Grundsteuer, die ab dem 1. Januar 2025 wirksam wird, basiert auf neu ermittelten Grundsteuerwerten. Daher ist es entscheidend, die Bewertung Ihres Grundstücks sorgfältig zu prüfen.
Die Grundsteuer ist eine jährliche Abgabe, die von den Kommunen auf Grundbesitz in Deutschland erhoben wird. Sie bemisst sich primär am Wert des Grundstücks, gegebenenfalls inklusive Bebauung. Ein zentraler Faktor bei der Berechnung des Grundsteuerwerts ist der Bodenrichtwert.
Der Bodenrichtwert ist der durchschnittliche Quadratmeterpreis eines Grundstücks innerhalb einer bestimmten geografischen Zone (Bodenrichtwertzone). Diese Werte werden von unabhängigen Gutachterausschüssen der Städte und Gemeinden ermittelt und basieren auf tatsächlich erzielten Grundstückskaufpreisen. Sie werden in der Regel alle zwei Jahre über das Bodenrichtwertinformationssystem (BORIS) veröffentlicht. Das Finanzamt setzt für die Berechnung des Grundsteuerwerts den Bodenrichtwert an, der zum Stichtag 1. Januar 2022 für Ihr Grundstück gültig war.
Die Festsetzung der Grundsteuer erfolgt in einem klar definierten dreistufigen Prozess:
Es gibt mehrere Situationen, in denen der festgesetzte Grundsteuerwert korrigiert werden sollte, insbesondere wenn er die tatsächlichen Gegebenheiten Ihres Grundstücks nicht akkurat widerspiegelt.
Ein häufiger Grund für eine zu hohe Grundsteuer ist die pauschale Anwendung des Bodenrichtwerts auf die gesamte Grundstücksfläche, ohne individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Wenn Teile Ihres Grundstücks nicht bebaubar sind, beispielsweise als Streuobstwiese, Biotop, Gartenland ohne Baurecht, oder aufgrund von baurechtlichen Einschränkungen wie Hanglagen, zu geringer Erschließung oder der Lage im Außenbereich gemäß Flächennutzungsplan, kann dies eine niedrigere Bewertung rechtfertigen. Es ist entscheidend zu prüfen, ob für solche Teilflächen ein separater, niedrigerer Bodenrichtwert ausgewiesen ist oder ob sie als eigenständig nicht nutzbare Flächen zu berücksichtigen sind.
Ein Beispiel für ein Grundstück mit potenziell unterschiedlichen Nutzungsbereichen, die die Bewertung beeinflussen könnten.
Überprüfen Sie akribisch alle im Bescheid über den Grundsteuerwert aufgeführten Daten. Dazu gehören die Grundstücksfläche, das Baujahr der Immobilie (falls zutreffend), die Anzahl der Garagen, die Wohn- und Nutzfläche sowie der angesetzte Bodenrichtwert. Stellen Sie sicher, dass diese Angaben mit Ihren eigenen Aufzeichnungen und den in der Grundsteuererklärung gemachten Angaben übereinstimmen.
Sollte der vom Finanzamt festgesetzte Grundsteuerwert erheblich (mehr als 40%) über dem tatsächlichen Verkehrswert Ihrer Immobilie liegen, kann ein Einspruch Aussicht auf Erfolg haben. Ein Sachverständigen-Gutachten kann diesen Nachweis erbringen und die Basis für eine Korrektur bilden.
Um eine Änderung des Grundsteuerwertbescheides zu erwirken, stehen Ihnen primär zwei Wege offen: der Einspruch gegen den Bescheid oder die Einreichung einer Änderungsanzeige.
Der Einspruch ist der richtige Weg, wenn Sie den Bescheid selbst als fehlerhaft ansehen, beispielsweise aufgrund eines falsch angesetzten Bodenrichtwerts oder einer unzureichenden Berücksichtigung nicht bebaubarer Flächen. Die Frist für einen Einspruch beträgt einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Der Einspruch muss schriftlich erfolgen und detailliert begründet werden, warum der angesetzte Wert aus Ihrer Sicht nicht korrekt ist. Fügen Sie alle unterstützenden Unterlagen bei, wie Auszüge aus dem Flächennutzungsplan, Gutachten oder Fotos, die die Unbebaubarkeit belegen.
Wenn sich nach dem Stichtag 1. Januar 2022 oder nach der Abgabe Ihrer ursprünglichen Feststellungserklärung relevante Änderungen an Ihrem Grundstück ergeben haben, die den Grundsteuerwert beeinflussen (z.B. durch Abriss, Anbau oder eine offizielle Änderung der Nutzungsart eines Teils des Grundstücks zu einer nicht bebaubaren Fläche), sind Sie zur Anzeige verpflichtet. Diese "Grundsteueränderungsanzeige" erfolgt in der Regel elektronisch über ELSTER (oft als Formular HGrStG 5 bezeichnet, die genaue Bezeichnung kann je nach Bundesland variieren). Die Frist hierfür ist meist der 31. März des auf die Änderung folgenden Jahres. Auch hier sind Nachweise für die Änderungen unerlässlich.
Ein Bebauungsplan legt fest, welche Teile eines Grundstücks bebaut werden dürfen und welche nicht.
Nachdem Sie einen Einspruch oder eine Änderungsanzeige eingereicht haben, gibt es weitere Aspekte zu beachten, die den Prozess beeinflussen können.
Wenn Sie Einspruch eingelegt haben und dieser noch nicht entschieden ist, können Sie unter bestimmten Umständen einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen. Dies ist besonders relevant, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen oder ein Nachweis über eine erhebliche Abweichung zwischen dem festgesetzten Grundsteuerwert und dem Verkehrswert vorliegt. Eine Aussetzung der Vollziehung bedeutet, dass Sie die fällige Grundsteuer vorläufig nicht zahlen müssen, bis über Ihren Einspruch entschieden wurde.
Wie bereits erwähnt, kann ein Verkehrswertgutachten von einem unabhängigen Sachverständigen ein starkes Argument sein, wenn der festgesetzte Grundsteuerwert deutlich über dem tatsächlichen Marktwert liegt. Dies ist eine wichtige Option, insbesondere wenn die Nichtbebaubarkeit eines Teils Ihres Grundstücks den Verkehrswert erheblich mindert und dies nicht im Bodenrichtwert berücksichtigt wurde.
Dieses Radar-Diagramm veranschaulicht die Wirksamkeit und den Aufwand verschiedener Maßnahmen, wenn der festgesetzte Bodenwert nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. "Fristgerechter Einspruch" und "Nachweis der Unbebaubarkeit" sind als besonders wirksam und entscheidend für den Erfolg dargestellt, während "Anerkennung des Verkehrswerts" und "Konsultation eines Experten" den Weg zum Erfolg erleichtern. Die "Anzeigepflicht" weist auf die Eigenverantwortung des Grundbesitzers hin.
Das folgende Mindmap veranschaulicht die verschiedenen Ansätze, um eine Korrektur des Grundsteuerwertbescheids zu erreichen, insbesondere wenn die Bebaubarkeit eines Grundstücks nicht korrekt berücksichtigt wurde. Es zeigt die Hauptwege und die dazugehörigen notwendigen Schritte.
Diese Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede und Anwendungsbereiche von Einspruch und Änderungsanzeige zusammen, um Ihnen die Wahl des richtigen Vorgehens zu erleichtern.
Merkmal | Einspruch gegen Grundsteuerwertbescheid | Grundsteueränderungsanzeige |
---|---|---|
Anwendungsbereich | Anfechtung des initialen Bescheids bei fehlerhafter Bewertung (z.B. falscher Bodenrichtwert, Nichtbeachtung Unbebaubarkeit) | Meldung von Änderungen der Grundstücksverhältnisse nach dem Stichtag 01.01.2022 (z.B. Teilabriss, Nutzungsänderung) |
Frist | Ein Monat nach Bekanntgabe des Bescheids | Bis 31. März des Folgejahres, in dem die Änderung eingetreten ist |
Form | Schriftlich an das zuständige Finanzamt | Meist elektronisch über ELSTER |
Begründung/Nachweise | Detaillierte Begründung mit unterstützenden Dokumenten (z.B. Gutachten, Bebauungsplan) | Nachweis der eingetretenen Änderungen |
Ziel | Korrektur des bereits festgesetzten Grundsteuerwerts | Anpassung des Grundsteuerwerts aufgrund neuer, geänderter Verhältnisse |
Beispiel | Der Bodenrichtwert wurde für eine nicht bebaubare Fläche angesetzt. | Ein Teil des Grundstücks wurde nachträglich als Naturschutzgebiet ausgewiesen. |
Die Grundsteuerreform ab 2025 hat viele Änderungen mit sich gebracht und die Bedeutung einer genauen Prüfung der Bescheide erhöht. Viele Eigentümer erhalten derzeit die neuen Grundsteuerwertbescheide, die die Grundlage für die ab 2025 fällige Grundsteuer bilden. Aufgrund der Komplexität des neuen Rechts kann es zu Ungenauigkeiten kommen, die einen Einspruch lohnenswert machen.
Das nachfolgende Video bietet eine tiefgehende Analyse, wie Sie Ihren Grundsteuerwertbescheid richtig prüfen können und welche Schritte im Falle von Fehlern oder Unstimmigkeiten zu unternehmen sind. Es ist besonders relevant, da es die Problematik der neuen Bewertungssysteme und die Notwendigkeit des eigenverantwortlichen Handelns der Grundstückseigentümer beleuchtet. Es erklärt, welche Angaben im Bescheid entscheidend sind und wie die darin enthaltenen Daten mit den tatsächlichen Gegebenheiten Ihres Grundstücks abgeglichen werden können. Dies ist von großer Bedeutung, um mögliche Überbewertungen, insbesondere bei teilweiser Unbebaubarkeit, zu identifizieren und effektiv anzufechten.
Dieses Video bietet ein umfassendes Tutorial zur richtigen Prüfung des Grundsteuerwertbescheids und gibt Hinweise, wann ein Einspruch sinnvoll ist.
Wenn Ihr Grundsteuerwertbescheid einen Bodenrichtwert ansetzt, der die tatsächliche Unbebaubarkeit von Teilen Ihres Grundstücks nicht berücksichtigt, haben Sie definitiv das Recht, eine Änderung zu beantragen. Es ist entscheidend, den Bescheid sorgfältig zu prüfen, gegebenenfalls Nachweise für die Nichtbebaubarkeit zu sammeln und fristgerecht entweder einen Einspruch gegen den Bescheid oder eine Änderungsanzeige einzureichen. Eine präzise Darstellung der Gegebenheiten Ihres Grundstücks gegenüber dem Finanzamt ist hierbei der Schlüssel zu einer fairen und korrekten Bewertung. Bei komplexen Fällen empfiehlt es sich, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.