Sie fragen sich, wie eine Lohnabrechnung für einen Professor mit einem stattlichen Jahresgehalt von 100.000 Euro Brutto in Deutschland aussieht? Das deutsche Steuer- und Sozialversicherungssystem ist komplex, und der Weg vom Brutto- zum Nettogehalt ist von zahlreichen Abzügen geprägt. Diese Analyse schlüsselt die einzelnen Posten detailliert auf und zeigt, welcher Betrag am Ende tatsächlich auf dem Konto landet.
Um eine möglichst realistische, aber dennoch verallgemeinerbare Beispiel-Lohnabrechnung zu erstellen, treffen wir folgende Annahmen für das Jahr 2025:
Bitte beachten Sie: Dies ist eine Beispielrechnung. Individuelle Umstände können zu Abweichungen führen. Für eine exakte Berechnung konsultieren Sie bitte einen Steuerberater oder nutzen Sie einen aktuellen Gehaltsrechner mit Ihren persönlichen Daten.
Das monatliche Bruttogehalt von 8.333,33 € bildet die Basis. Davon werden folgende Steuern und Sozialabgaben abgezogen:
Die Lohnsteuer ist der größte Abzugsposten. Ihre Höhe richtet sich nach der Steuerklasse und der Höhe des zu versteuernden Einkommens. Für Steuerklasse I bei 8.333,33 € Brutto fällt eine geschätzte Lohnsteuer von ca. 2.050,00 € an.
Der Solidaritätszuschlag wurde 2021 für die meisten Steuerzahler abgeschafft. Bei diesem Einkommen in Steuerklasse I ist er in der Regel nicht mehr fällig. Betrag: ca. 0,00 €.
Die Kirchensteuer (8% oder 9% der Lohnsteuer, je nach Bundesland) fällt nur an, wenn man Mitglied einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist. Gemäß unserer Annahme: ca. 0,00 €.
Die Beiträge zur Sozialversicherung werden bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) vom Bruttogehalt berechnet. Der Arbeitnehmer trägt jeweils die Hälfte des Gesamtbeitrags, bei der Pflegeversicherung gibt es Besonderheiten.
Der allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6%, hinzu kommt ein kassenindividueller Zusatzbeitrag (hier angenommen 1,6%). Der Arbeitnehmeranteil liegt bei 7,3% + halber Zusatzbeitrag (0,8%) = 8,1%. Berechnet auf die BBG KV (angenommen 5.175 €): 5.175 € * 8,1% ≈ 419,18 €.
Der Beitragssatz beträgt 3,4%. Für Kinderlose über 23 Jahre kommt ein Zuschlag von 0,6% hinzu (gesamt 4,0%). Der Arbeitnehmeranteil ist 1,7% plus der volle Zuschlag von 0,6% = 2,3%. Berechnet auf die BBG PV (angenommen 5.175 €): 5.175 € * 2,3% ≈ 119,03 €.
Der Beitragssatz beträgt 18,6%. Der Arbeitnehmeranteil ist 9,3%. Berechnet auf die BBG RV/AV (angenommen 7.550 €): 7.550 € * 9,3% ≈ 702,15 €.
Der Beitragssatz beträgt 2,6%. Der Arbeitnehmeranteil ist 1,3%. Berechnet auf die BBG RV/AV (angenommen 7.550 €): 7.550 € * 1,3% ≈ 98,15 €.
Die folgende Tabelle fasst die Berechnungen zusammen und zeigt den Weg vom Brutto- zum Nettogehalt:
Position | Betrag (€) | Beschreibung |
---|---|---|
Bruttogehalt (monatlich) | 8.333,33 | Vertragliches Gehalt vor Abzügen |
- Lohnsteuer | - 2.050,00 | Steuerklasse I |
- Solidaritätszuschlag | - 0,00 | Entfällt i.d.R. |
- Kirchensteuer | - 0,00 | Annahme: Nicht kirchensteuerpflichtig |
= Steuerliches Brutto | 8.333,33 | Relevant für Steuerberechnung |
- Krankenversicherung (AN-Anteil) | - 419,18 | 8,1% auf BBG (ca. 5.175 €) |
- Pflegeversicherung (AN-Anteil) | - 119,03 | 2,3% auf BBG (ca. 5.175 €), inkl. Kinderlosenzuschlag |
- Rentenversicherung (AN-Anteil) | - 702,15 | 9,3% auf BBG (ca. 7.550 €) |
- Arbeitslosenversicherung (AN-Anteil) | - 98,15 | 1,3% auf BBG (ca. 7.550 €) |
= Gesetzliches Netto | 4.944,82 | Brutto abzüglich Steuern und SV-Beiträge |
Auszahlungsbetrag | 4.944,82 | Der Betrag, der auf dem Konto landet |
In diesem Beispiel beträgt das monatliche Nettogehalt also rund 4.944,82 €. Das entspricht einem jährlichen Nettogehalt von ca. 59.338 €. Die gesamten monatlichen Abzüge belaufen sich auf etwa 3.388,51 €, was einer Abgabenquote von rund 40,7% entspricht.
Aufbau einer typischen deutschen Lohnabrechnung (Beispielbild)
Das folgende Diagramm veranschaulicht die relative Belastung durch die Hauptabzüge (als Prozentsatz des Bruttogehalts) für unser Beispiel des Professors (100k €, Steuerklasse I) im Vergleich zu einem durchschnittlichen Angestellten (50k €, Steuerklasse I) und einem verheirateten Professor (100k €, Steuerklasse III). Es zeigt deutlich, wie sich Einkommenshöhe und Steuerklasse auf die prozentuale Verteilung der Abzüge auswirken.
Man erkennt, dass die Lohnsteuer prozentual die größte Variable ist und stark von der Steuerklasse abhängt. Die Sozialversicherungsbeiträge (KV, RV, PV, AV) machen bei höherem Einkommen einen prozentual geringeren Anteil am Gesamt-Brutto aus, da sie durch die Beitragsbemessungsgrenzen gedeckelt sind.
Das tatsächliche Nettogehalt kann von unserem Beispiel abweichen. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Einflussfaktoren:
Diese Faktoren interagieren miteinander und bestimmen die genaue Höhe der Abzüge. Insbesondere die Wahl der Steuerklasse (abhängig vom Familienstand) hat einen massiven Einfluss auf die Lohnsteuer und damit das Nettogehalt.
Um ein besseres Verständnis für die verschiedenen Komponenten einer deutschen Gehaltsabrechnung zu bekommen, kann das folgende Video hilfreich sein. Es erklärt die Grundlagen von Bruttoentgelt, Abzügen und Nettoentgelt anhand von Beispielen.
Das Video bietet eine allgemeine Einführung, die hilft, die in dieser Beispielrechnung aufgeführten Posten wie Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) und den Unterschied zwischen Brutto- und Nettogehalt besser einzuordnen.
Die Steuerklasse (I bis VI) bestimmt die Höhe des Lohnsteuerabzugs. Sie richtet sich nach dem Familienstand:
Die Wahl der Steuerklasse (bei Verheirateten III/V oder IV/IV) beeinflusst die monatliche Lohnsteuerbelastung erheblich, nicht aber die Jahressteuerschuld (diese wird über die Steuererklärung ausgeglichen).
Das Nettogehalt ist das Ergebnis nach Abzug aller Steuern und Sozialabgaben vom Bruttogehalt. Diese Abzüge sind von vielen individuellen Faktoren abhängig:
Die W-Besoldung ist das Gehaltssystem für Professorinnen und Professoren an deutschen Hochschulen. Es löste die frühere C-Besoldung ab. Es gibt drei Gruppen:
Die Grundgehälter variieren je nach Bundesland. Die Leistungsbezüge werden individuell verhandelt und können für Berufung, besondere Leistungen in Forschung und Lehre oder für Funktionsämter gewährt werden. Ein Jahresgehalt von 100.000 € entspricht typischerweise einer W2- oder W3-Professur inklusive Leistungsbezügen.
Seit 2021 ist der Solidaritätszuschlag (Soli) für etwa 90% der Lohn- und Einkommensteuerzahler vollständig entfallen. Für weitere 6,5% wurde er reduziert.
Nur noch Spitzenverdiener zahlen den vollen Solidaritätszuschlag von 5,5% auf die Lohn-/Einkommensteuer. Die Freigrenze, bis zu der kein Soli anfällt, liegt für die Lohnsteuer bei ca. 18.130 € (Steuerklasse I, Jahr 2024) bzw. 36.260 € (Steuerklasse III, Jahr 2024) an zu zahlender Lohnsteuer. Bei einer geschätzten Lohnsteuer von ca. 2.050 € monatlich (ca. 24.600 € jährlich) in Steuerklasse I wird in unserem Beispiel die Freigrenze überschritten, aber man befindet sich noch in der sogenannten "Milderungszone", in der der Soli reduziert anfällt. Allerdings ist der Betrag bei diesem Einkommen oft sehr gering oder null, weshalb wir hier vereinfachend 0 € angesetzt haben. Bei sehr hohen Einkommen oder anderen Steuerklassen (z.B. VI) kann er jedoch relevant sein.