Wesentliche Erkenntnisse zur Bodenwertermittlung
- Abschlagsfähigkeit bei eingeschränkter Bebaubarkeit: Wenn ein Grundstück oberhalb einer Tiefgarage nicht bebaut werden darf, handelt es sich um eine **nicht bebaubare Teilfläche**, für die ein Abschlag vom Bodenrichtwert grundsätzlich gerechtfertigt ist.
- Rechtliche Grundlage im Bewertungsgesetz: Das Bewertungsgesetz (§ 145 Abs. 3 BewG) sieht eine pauschale Ermäßigung des Bodenrichtwerts um 20 % für unbebaute Grundstücke vor, um wertmindernde Umstände zu berücksichtigen. Spezifische Gutachtervorgaben können weitere Abschläge oder Anpassungen legitimieren.
- Fehlerhafte Finanzamtspraxis: Das Ansetzen des vollen Bodenrichtwerts ohne Abschlag durch das Finanzamt bei derart eingeschränkten Flächen ist nach gängiger Bewertungspraxis und rechtlichen Vorgaben **nicht korrekt**. Ein Einspruch gegen einen solchen Bescheid ist ratsam.
Als Steuerberater stehen Sie oft vor komplexen Fragen der Grundstücksbewertung, insbesondere im Rahmen der Grundsteuerreform. Ihr aktueller Fall, bei dem das Finanzamt den Bodenrichtwert für ein Tiefgaragengrundstück, dessen Oberfläche nicht bebaut werden darf, ohne Abschlag angesetzt hat, wirft wichtige Fragen bezüglich der korrekten Wertermittlung auf. Um eine fundierte Antwort zu geben, beleuchten wir die Grundlagen des Bodenrichtwerts, die spezifische Bewertung von Tiefgaragenflächen und die rechtlichen Rahmenbedingungen für Abschläge.
Grundlagen des Bodenrichtwerts und seine Anwendung
Der Bodenrichtwert ist ein fundamentaler Wert im deutschen Immobilienrecht und Steuerwesen. Er wird von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelt und stellt den durchschnittlichen Lagewert des Bodens für eine Mehrheit von Grundstücken innerhalb einer abgegrenzten Zone dar. Seine Hauptfunktion ist es, eine Richtlinie für die Wertermittlung von Grundstücken zu bieten, insbesondere für die Berechnung der Grundsteuer. Dieser Wert berücksichtigt verschiedene Aspekte wie die Lage des Grundstücks, den Grad seiner Erschließung, die zulässige Art und das Maß der baulichen Nutzung sowie die Beschaffenheit des Bodens.
Ein wesentlicher Aspekt, der oft zu Diskussionen führt, ist die Möglichkeit von Abschlägen vom Bodenrichtwert. Solche Abschläge sind vorgesehen, um die spezifischen Besonderheiten eines Grundstücks widerzuspiegeln, die von den idealisierten Bedingungen des Bodenrichtwertgrundstücks abweichen. Diese Abweichungen können die Nutzbarkeit oder den Wert eines Grundstücks mindern.

Ein modernes Wohnhaus mit integrierter Tiefgarage, das die vielseitige Nutzung von Grundstücken im urbanen Raum illustriert.
Wann Abschläge vom Bodenrichtwert gerechtfertigt sind
Abschläge sind immer dann angebracht, wenn wertbeeinflussende Merkmale eines konkreten Grundstücks von den Annahmen, die dem Bodenrichtwert zugrunde liegen, abweichen. Dies kann folgende Umstände umfassen:
- Eingeschränkte Bebaubarkeit: Wenn Teile des Grundstücks, wie im Falle einer Tiefgarage mit darüberliegender unbebaubarer Fläche, baurechtlich nicht genutzt werden dürfen, mindert dies den Wert.
- Ungünstige Grundstücksmerkmale: Dazu gehören ungünstige Zuschnitte, Hanglagen, aufgeschütteter Boden, feste Lehm- oder Tonböden, ungünstige Grundwasserverhältnisse oder Lärm- und Geruchsbelästigungen.
- Wirtschaftliche Überalterung: In Ausnahmefällen kann auch eine wirtschaftliche Überalterung einen Abschlag rechtfertigen.
- Fehlende Infrastruktur: Ein schlechter Erschließungszustand oder eine ungünstige Lage können ebenfalls den Wert mindern.
Nach § 145 Abs. 3 BewG ist bei der Bewertung unbebauter Grundstücke der Bodenrichtwert um 20 % zu ermäßigen, um alle wertmindernden Umstände abzugelten. Dieser pauschale Abschlag ist auch dann anzuwenden, wenn die tatsächliche Wertminderung geringer ausfällt, es sei denn, die Minderungen treten kumuliert auf und der 20 %-Abschlag reicht nicht aus.
Die spezifische Bewertung von Tiefgaragen und unbebaubaren Flächen
Die Bewertung von Tiefgaragen, insbesondere wenn das darüberliegende Grundstück nicht bebaut werden darf, stellt eine besondere Herausforderung dar. Grundsätzlich unterliegen Garagen und Tiefgaragen der Grundsteuer. Die Art und Weise der Bewertung hängt jedoch von der räumlichen und rechtlichen Einheit ab:
- Wirtschaftliche Einheit: Tiefgaragenstellplätze, die zu einer Wohnung gehören und räumlich nah an der Wohnfläche liegen, werden in der Regel gemeinsam mit der Wohnung als eine wirtschaftliche Einheit bewertet. Eine separate Bewertung findet hier nicht statt.
- Separate Einheit: Steht die Garage auf einem eigenen Grundstück mit separater Flurstücksnummer oder handelt es sich um ein Geschäftsgrundstück, wird sie als eigene wirtschaftliche Einheit separat bewertet.

Ein Grundriss einer Tiefgarage, der die unterirdische Nutzung des Bodens und die Notwendigkeit einer angepassten Wertermittlung veranschaulicht.
Im Bundesmodell der Grundsteuer wird für Wohngrundstücke eine pauschale monatliche Nettokaltmiete von 35 € pro Garagenstellplatz angesetzt, was den Rohertrag im Ertragswertverfahren geringfügig erhöht. Für Stellplätze im Freien sind keine separaten Angaben erforderlich.
Die Relevanz der Nicht-Bebaubarkeit der Oberfläche
Der entscheidende Punkt in Ihrem Fall ist die Bedingung, dass das Grundstück oberhalb der Tiefgarage nicht bebaut werden darf. Dies ist eine klare Einschränkung der Nutzbarkeit, die einen Abschlag vom Bodenrichtwert rechtfertigt. Für solche "nicht bebaubaren Teilflächen" wird häufig ein separater Bodenrichtwert ausgewiesen, der typischerweise unter dem normalen Bodenwert für bebaubares Land liegt.
Der Wert des anteiligen Grund und Bodens, der zur unterirdischen Tiefgarage gehört, muss unabhängig von dem Wert der steuerfreien Erdoberfläche ermittelt werden. Es ist sogar möglich, dass ein Zuschlag für die unterirdische Nutzung durch die Tiefgarage relevant wird. Es ist jedoch nicht korrekt, den vollen Bodenrichtwert ohne Berücksichtigung dieser Einschränkung anzusetzen. Der Gesetzgeber und die Bewertungspraxis sehen vor, dass solche wertmindernden Umstände berücksichtigt werden.
(z.B. über Tiefgarage)"] id8["Ungünstige Grundstücksmerkmale"] id9["Wirtschaftliche Überalterung"] id10["Rechtliche Grundlage"] id11["§ 145 Abs. 3 BewG (20% pauschal)"] id12["Spezifische Gutachtervorgaben"] id13["Bewertung Tiefgaragenflächen"] id14["Wirtschaftliche Einheit"] id15["Mit Wohnung verbunden (meist keine Separatbewertung)"] id16["Separate Einheit"] id17["Eigenes Flurstück oder Geschäftsgrundstück"] id18["Einschränkung der Bebaubarkeit"] id19["Nicht bebaubare Teilfläche"] id20["Reduzierter Bodenwert / Abgezinster Bodenwert"] id21["Zuschlag für unterirdische Nutzung möglich"] id22["Finanzamtspraxis"] id23["Ansetzen BRW ohne Abschlag"] id24["Häufig nicht korrekt bei Bebauungseinschränkung"] id25["Empfehlungen für Steuerberater"] id26["Prüfung lokaler Gutachtervorgaben"] id27["Dokumentation der Überbauungsbeschränkung"] id28["Ggf. Einspruch einlegen / Anpassung der Erklärung"] id29["Sachverständigengutachten erwägen"]
Eine Mindmap, die die verschiedenen Faktoren und Überlegungen bei der Wertermittlung von Tiefgaragengrundstücken und der Anwendung von Bodenrichtwerten und Abschlägen darstellt.
Bewertung der Finanzamtspraxis: Ist das Vorgehen korrekt?
Basierend auf den rechtlichen Vorgaben und der gängigen Bewertungspraxis ist das Vorgehen des Finanzamts, den Bodenrichtwert ohne Abschlag für eine Tiefgarage mit nicht bebaubarer Oberfläche anzusetzen, **nicht korrekt**. Die Nicht-Bebaubarkeit stellt einen klaren wertmindernden Faktor dar, der bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden muss.
Die Finanzämter sind an das Bewertungsgesetz gebunden, welches für unbebaute Grundstücke eine pauschale Ermäßigung des Bodenrichtwerts vorsieht, um wertmindernde Umstände abzubilden. Auch wenn es sich um eine "nicht bebaubare selbständig nutzbare Teilfläche" handelt, muss dies bei der Bewertung berücksichtigt werden. Die Anpassung des Bodenrichtwerts nach Vorgaben des örtlichen Gutachterausschusses ist dabei essenziell, und diese sehen häufig einen Abschlag vom für baureifes Land ermittelten Bodenrichtwert vor, wenn die Nutzbarkeit eingeschränkt ist.
Dieses Video bietet praktische Einblicke, wie Grundsteuerbescheide für Teileigentum, wie Tiefgaragen, kontrolliert werden können und welche Fallstricke es zu beachten gilt, insbesondere im Hinblick auf die korrekte Angabe und Bewertung von Tiefgaragenstellplätzen.
Empfehlungen für Sie als Steuerberater
Angesichts der geschilderten Situation sollten Sie folgende Schritte in Erwägung ziehen, um die Interessen Ihres Mandanten optimal zu vertreten:
- Prüfung der Gutachtervorgaben: Überprüfen Sie die spezifischen Vorgaben des örtlichen Gutachterausschusses. Diese veröffentlichen häufig Anpassungskoeffizienten oder Empfehlungen für Flächen mit eingeschränkter Bebaubarkeit oder für Tiefgaragen.
- Dokumentation der Einschränkung: Sammeln Sie alle relevanten Dokumente, die die Überbauungsbeschränkung des Grundstücks belegen (z.B. Bebauungsplan, Baugenehmigung oder andere offizielle Dokumente).
- Einspruch einlegen: Legen Sie gegen den Grundsteuerbescheid Einspruch ein und begründen Sie diesen detailliert mit Verweis auf die fehlende Bebaubarkeit und die Notwendigkeit eines Abschlags gemäß den einschlägigen Bewertungsnormen (z.B. § 145 Abs. 3 BewG) sowie den Empfehlungen der Gutachterausschüsse.
- Sachverständigengutachten: Sollte das Finanzamt uneinsichtig bleiben, kann ein unabhängiges Sachverständigengutachten hilfreich sein, das den Minderwert der Fläche explizit ausweist.
- Anpassung der Grundsteuererklärung: Erwägen Sie eine Berichtigung der Grundsteuererklärung mit einem realistischen Abschlag, sofern dies noch möglich ist.
Dieser Radar-Chart vergleicht die "Finanzamtpraxis (ohne Abschlag)" mit einer "Korrekten Bewertung (mit Abschlag)" hinsichtlich relevanter Kriterien wie rechtliche Konformität, wirtschaftliche Realität und Steuergerechtigkeit. Er zeigt, dass eine korrekte Bewertung in allen Aspekten deutlich überlegen ist.
Die Nicht-Bebaubarkeit des Grundstücks oberhalb der Tiefgarage ist ein entscheidender wertmindernder Faktor, der einen Abschlag vom Bodenrichtwert zwingend erforderlich macht. Die Anwendung des vollen Bodenrichtwerts ohne Berücksichtigung dieser Einschränkung ist nach den Bewertungsgesetzen und der gängigen Praxis nicht haltbar.
Vergleich relevanter Bewertungsmodelle und -faktoren
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Aspekte der Wertermittlung für Tiefgaragengrundstücke unter Berücksichtigung von Bebauungsbeschränkungen zusammen:
Bewertungsaspekt | Standardfall (bebaubares Grundstück) | Sonderfall (Tiefgarage mit unbebaubarer Oberfläche) | Relevante Vorschriften/Grundsätze |
---|---|---|---|
Bodenrichtwert-Ansatz | Voller Bodenrichtwert für baureifes Land. | Reduzierter oder abgezinster Bodenrichtwert für die nicht bebaubare Teilfläche; der Wert des Bodens unter der Tiefgarage kann unter dem normalen Wert liegen. | § 196 BauGB (Bodenrichtwert), § 145 Abs. 3 BewG (Abschläge), Gutachterliche Vorgaben. |
Abschläge | In der Regel keine spezifischen Abschläge, es sei denn, individuelle wertmindernde Umstände liegen vor. | Obligatorischer Abschlag wegen eingeschränkter Nutzbarkeit und fehlender Bebaubarkeit. Pauschale 20 % nach § 145 Abs. 3 BewG oder spezifische Gutachtervorgaben. | § 145 Abs. 3 BewG, lokale Gutachterausschüsse, Stenger/Loose Bewertungsrecht. |
Grundsteuerliche Einordnung | Grundstück wird als bebaubarer Grund und Boden bewertet. | Tiefgarage als separate Nutzfläche; Bodenwertanteil muss bei nicht nutzbaren Teilen angepasst werden. Gegebenenfalls als "wirtschaftliche Einheit" mit der Wohnung. | Grundsteuerreform (Bundesmodell), § 247 BewG, Haufe Steuer Office Excellence. |
Zweck des Grundstücks | Primär zur oberirdischen Bebauung vorgesehen. | Primär zur unterirdischen Nutzung (Tiefgarage); die Oberfläche hat keine Bebaubarkeit und somit einen geringeren Wert. | Allgemeine Bewertungslehre, Prinzip der bestmöglichen Nutzung. |
Finanzamt-Praxis (Soll/Ist) | Soll: Anwendung des korrekten Bodenrichtwerts. Ist: Meist korrekt. | Soll: Anwendung des reduzierten Bodenrichtwerts mit Abschlag. Ist: Häufig fehlerhaft ohne Abschlag, was zu überhöhten Bewertungen führt. | Verwaltungsvorschriften, Finanzgerichtsentscheidungen. |
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Fazit
Die Wertermittlung von Tiefgaragengrundstücken, insbesondere wenn die darüberliegende Fläche nicht bebaut werden darf, ist ein prägnantes Beispiel für die Notwendigkeit differenzierter Betrachtung im Grundsteuerrecht. Es ist klar, dass das Finanzamt in solchen Fällen einen Abschlag vom Bodenrichtwert vornehmen muss, da die eingeschränkte Nutzbarkeit den Wert der Fläche mindert. Das Ansetzen des vollen Bodenrichtwerts ohne jegliche Berücksichtigung dieser Einschränkung ist weder im Einklang mit dem Bewertungsgesetz noch mit der gängigen Bewertungspraxis. Für Steuerberater bedeutet dies, proaktiv zu handeln, die örtlichen Gutachtervorgaben zu prüfen und gegebenenfalls Einspruch gegen fehlerhafte Bescheide einzulegen, um die Interessen ihrer Mandanten zu wahren und eine gerechte Grundsteuerlast sicherzustellen.
Empfohlene weitere Recherchen
- Spezifische Vorgaben der Gutachterausschüsse für Tiefgaragen bei der Grundsteuer.
- Welchen Einfluss hat der Bebauungsplan auf den Bodenrichtwert bei der Grundsteuer?
- Anleitung zum Einspruch gegen einen Grundsteuerbescheid bei nicht bebaubarer Fläche.
- Auswirkungen der Grundsteuerreform auf Tiefgaragenstellplätze im Bundesmodell.