Die umsatzsteuerliche Behandlung von Hotelleistungen, insbesondere bei Pauschalangeboten, die Übernachtung, Frühstück und die Nutzung von Annehmlichkeiten wie einem Schwimmbad umfassen, stellt Hoteliers vor komplexe Herausforderungen. Das deutsche Umsatzsteuergesetz (UStG) schreibt ein striktes Aufteilungsgebot vor, wonach die reine Beherbergungsleistung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% unterliegt, während viele andere Leistungen, selbst wenn sie als "inklusive" beworben werden, mit dem regulären Steuersatz von 19% zu versteuern sind. Ziel ist es, eine sinnvolle und gesetzeskonforme Aufteilung zu finden, die den 19%-Anteil realistisch abbildet, aber gleichzeitig optimiert, um die Steuerlast zu minimieren. Die aktuelle Rechtsprechung und anhängige Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) deuten auf mögliche Änderungen in der Zukunft hin, die die derzeitige Praxis grundlegend beeinflussen könnten.
Seit dem 1. Januar 2010 wurde der Umsatzsteuersatz für Hotelübernachtungen in Deutschland von 19% auf 7% gesenkt. Diese Begünstigung betrifft jedoch explizit nur die kurzfristige Beherbergung, also die reine Zimmervermietung. Alle anderen Leistungen, die über die reine Übernachtung hinausgehen und nicht als "regelmäßig mit der Beherbergung verbundene Nebenleistungen" im Sinne des Gesetzes gelten, unterliegen weiterhin dem vollen Steuersatz von 19%. Dazu gehören typischerweise das Frühstück, Halb- oder Vollpension, die Nutzung von Parkplätzen, WLAN, Telefonnutzung oder auch der Zugang zu Wellnessbereichen wie Saunen und Schwimmbädern.
Das bedeutet, dass ein Hotelier, der beispielsweise ein Pauschalangebot für Übernachtung mit Frühstück und Schwimmbadnutzung anbietet, den Gesamtpreis der Leistung in seine einzelnen Bestandteile aufteilen muss. Eine pauschale Abrechnung in einer Summe ist nicht zulässig, wenn unterschiedliche Steuersätze anzuwenden sind. Die genaue Ermittlung der Anteile ist dabei entscheidend, um die Umsatzsteuer korrekt abzuführen und gleichzeitig den Vorsteuerabzug für Geschäftsreisende zu gewährleisten.
Das Aufteilungsgebot ist im § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG verankert. Es besagt, dass der ermäßigte Steuersatz nur für die eigentliche Beherbergungsleistung gilt. Alle anderen Leistungen, die nicht direkt zur Vermietung gehören, müssen separat betrachtet und mit dem Regelsteuersatz von 19% belegt werden. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsproblemen und Diskussionen mit den Finanzbehörden.
Da viele Leistungen in einem Pauschalpreis enthalten sind und nicht einzeln berechnet werden, muss der Hotelier die Anteile schätzen. Die Finanzverwaltung akzeptiert hierbei bestimmte Vereinfachungen, die jedoch gut dokumentiert sein müssen.
Eine gängige Methode für die Aufteilung bei Übernachtungen mit Frühstück ist eine Schätzung. Eine schätzungsweise Aufteilung, bei der 20% des Gesamtpreises auf die Frühstücksleistungen und 80% auf die Übernachtungsleistungen entfallen, ist in der Regel nicht zu beanstanden. Dies gilt selbst dann, wenn der reguläre Preis für das Frühstück unter 20% des Gesamtpreises liegt.
Ein reichhaltiges Frühstücksbuffet, das als separate Leistung dem vollen Umsatzsteuersatz unterliegt.
Für Pauschalangebote, die Speisen und Getränke umfassen (z.B. All-Inclusive oder Halb-/Vollpension), gab es während der Corona-Pandemie befristete Regelungen. Bis zum 31. Dezember 2023 unterlagen Speisen (auch vor Ort verzehrt) einem ermäßigten Satz von 7%. Getränke blieben stets bei 19%. Eine Vereinfachungsregel erlaubte hier eine Aufteilung von 70% für Speisen (7% USt) und 30% für Getränke (19% USt) aus dem Pauschalpreis für Verpflegung.
Ab dem 1. Januar 2024 ist der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie jedoch wieder auf 19% gestiegen, was die Aufteilung für Frühstück und andere Mahlzeiten im Hotelbereich noch relevanter macht.
Angenommen, ein Hotel bietet eine Übernachtung inklusive Frühstück für 100 Euro brutto an. Der Hotelier muss den Anteil für das Frühstück, der dem 19%-Satz unterliegt, separat ausweisen. Wendet man die 20%-Regel an:
Die Umsatzsteuer muss nun aus diesen Anteilen herausgerechnet werden:
\[ \text{Umsatzsteuer Frühstück} = \text{20 €} - \left( \frac{\text{20 €}}{1 + 0.19} \right) = \text{20 €} - \text{16.81 €} \approx \text{3.19 €} \] \[ \text{Umsatzsteuer Übernachtung} = \text{80 €} - \left( \frac{\text{80 €}}{1 + 0.07} \right) = \text{80 €} - \text{74.77 €} \approx \text{5.23 €} \]Insgesamt ergibt sich eine abzuführende Umsatzsteuer von ca. 3.19 € + 5.23 € = 8.42 €. Dies zeigt, dass selbst bei einem "geringen" Anteil des Frühstücks der 19%-Satz einen erheblichen Unterschied ausmacht.
Wenn der Hotelier den Frühstückspreis gesondert ausweist, muss er diesen auch abführen. Bei Geschäftskunden ist der separate Ausweis wichtig, damit diese die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen können. Für Privatreisende ist die Angabe der Umsatzsteuer nicht zwingend erforderlich, was Hoteliers Spielraum geben könnte, auf den Ausweis zu verzichten, um von einem positiven Ausgang des EuGH-Verfahrens zu profitieren.
Die Situation beim Schwimmbad ist differenzierter. Während die Nutzung eines hotelinternen Schwimmbads, das primär der Erholung dient und nicht als Heilbad klassifiziert ist, in der Regel dem 19%-Satz unterliegen würde, können Eintrittsgebühren für Schwimm- und Heilbäder unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin mit 7% besteuert werden. Dies hängt von der spezifischen Leistung ab, die angeboten wird. Leistungen, die als "regelmäßig mit der Beherbergung verbundene Nebenleistungen" gemäß den Umsatzsteuerrichtlinien gelten, wie z.B. Begrüßungstrunk, Verleih von Sportgeräten, oder die Zurverfügungstellung von Sauna, Solarium, Dampf- und Schwimmbad, teilen in Österreich die Steuer der Beherbergung (10% USt). Die deutsche Rechtslage ist hier jedoch strenger und sieht für diese Leistungen in der Regel den vollen Steuersatz vor.
Die Integration von Schwimmbad und Frühstück als Inklusivleistungen erfordert eine präzise umsatzsteuerliche Abgrenzung.
Um den 19%-Anteil möglichst gering zu halten, ist eine genaue interne Kalkulation der Kosten für diese Zusatzleistungen entscheidend. Wenn keine gesonderten Entgelte berechnet werden, kann der Anteil geschätzt werden, idealerweise basierend auf der tatsächlichen Kostenstruktur des Hotels.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in mehreren Verfahren Fragen zur Vereinbarkeit des deutschen Aufteilungsgebots mit dem EU-Recht vorgelegt. Kernfrage ist, ob eine wirtschaftlich einheitliche Leistung künstlich aufgespalten werden darf, selbst wenn dies durch nationale Gesetze vorgeschrieben ist. Die Argumentation ist, dass die Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilen sollte. Das heißt, wenn die Übernachtung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, könnten auch eng damit verbundene Nebenleistungen dem ermäßigten Satz unterliegen, anstatt gesondert mit 19% besteuert zu werden.
Sollte der EuGH der Argumentation des BFH folgen und an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten, könnte dies das Ende des umsatzsteuerlichen Aufteilungsgebots im deutschen Umsatzsteuerrecht bedeuten. Ein solches Urteil hätte weitreichende Auswirkungen nicht nur für die Hotelbranche, sondern auch für andere Branchen, die Leistungsbündel anbieten. Es könnte ermöglichen, einheitliche Steuersätze für diese Bündel auszuweisen, was die administrative Last für Unternehmen erheblich reduzieren würde.
Bis zu einer endgültigen Entscheidung des EuGH und einer möglichen Anpassung des nationalen Rechts müssen Hoteliers das bestehende Aufteilungsgebot weiterhin anwenden. Es ist jedoch ratsam, Umsatzsteuerbescheide, die diese Sachverhalte betreffen, gegebenenfalls offenzuhalten oder unter Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen, um von rückwirkenden Korrekturen profitieren zu können.
Die folgende Tabelle fasst die aktuellen Umsatzsteuersätze für verschiedene Hotelleistungen zusammen und beleuchtet die Komplexität der Aufteilung bei Pauschalangeboten.
Leistung | Umsatzsteuersatz (Standard) | Umsatzsteuersatz (Sonderregelung/Bis 31.12.2023) | Anmerkungen zur Aufteilung bei Pauschalangeboten |
---|---|---|---|
Übernachtung (reine Beherbergung) | 7% | 7% | Hauptleistung, bildet die Basis für den ermäßigten Satz. |
Frühstück | 19% (ab 01.01.2024) | 7% (Speisen bis 31.12.2023) | Muss in der Regel separat vom Übernachtungspreis ausgewiesen oder geschätzt werden (z.B. 20% des Pauschalpreises). |
Getränke (zu Mahlzeiten oder separat) | 19% | 19% | Immer dem Regelsteuersatz unterliegend. Bei Kombiangeboten mit Speisen Schätzung (z.B. 30% des Verpflegungspreises). |
Nutzung Schwimmbad (nicht Heilbad) | 19% | 19% | In der Regel dem Regelsteuersatz unterliegend, sofern nicht als eigenständige begünstigte Leistung abgerechnet. |
Nutzung Sauna/Wellnessbereich | 19% | 19% | Fällt unter sonstige Hotelleistungen, die dem Regelsteuersatz unterliegen. |
Parkplatznutzung | 19% | 19% | Separate Leistung, die nicht direkt zur Beherbergung gehört. |
WLAN/Internet | 19% | 19% | Oft als sonstige Leistung angesehen, auch wenn inklusive. |
Um den 19%-Anteil umsatzsteuerlich möglichst gering zu halten, aber realistisch abzubilden, ist eine präzise Rechnungsstellung und eine sorgfältige Dokumentation der internen Kalkulationen unerlässlich. Für Geschäftsreisende muss die Rechnung die Leistungen nach Steuersätzen und Steuerbefreiungen aufgeschlüsselt ausweisen.
Hoteliers können auch durch die Gestaltung ihrer Angebote Einfluss auf die Umsatzsteuerlast nehmen:
Das folgende Radardiagramm visualisiert die Herausforderungen und Prioritäten bei der umsatzsteuerlichen Aufteilung von Hotelleistungen. Es zeigt die relative Bedeutung verschiedener Faktoren, die bei der Optimierung des 19%-Anteils berücksichtigt werden müssen.
Das Radardiagramm veranschaulicht die Komplexität der umsatzsteuerlichen Aufteilung. "Aktuelle Herausforderung" stellt die derzeitige Schwierigkeit dar, die Balance zwischen der Einhaltung des Aufteilungsgebots und der Minimierung des 19%-Anteils zu finden, insbesondere angesichts der laufenden EuGH-Verfahren. "Optimale Strategie" zeigt den angestrebten Zustand, in dem durch verbesserte Transparenz und Dokumentation sowie eine fundierte Einschätzung der wirtschaftlichen Einheitlichkeit der Leistungen eine rechtssichere und steueroptimierte Aufteilung erreicht wird, unterstützt durch die Beobachtung der EuGH-Rechtsprechung für zukünftige Anpassungen.
Die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) verfolgt den Grundsatz, dass eine wirtschaftlich einheitliche Leistung zur Wahrung eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Dies ist der zentrale Punkt, an dem das deutsche Aufteilungsgebot in Konflikt mit dem EU-Recht geraten könnte. Der EuGH hat in früheren Urteilen immer wieder betont, dass mehrere Leistungen als eine einzige, einheitliche Leistung anzusehen sind, wenn sie so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Ein typisches Beispiel hierfür ist das Frühstück, das in vielen Hotelpaketen als integraler Bestandteil der Übernachtung wahrgenommen wird. Aus Sicht vieler Hoteliers und auch des BFH könnte es argumentiert werden, dass das Frühstück eine Nebenleistung zur Hauptleistung der Übernachtung darstellt und somit deren Schicksal in Bezug auf den Steuersatz teilen sollte. Die deutsche Gesetzgebung sieht dies jedoch anders und verlangt eine separate Besteuerung.
Dieses Video beleuchtet die Umsatzsteuer im Hotel- und Gaststättengewerbe, insbesondere die Aufteilung von Leistungen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, und die korrekte Rechnungstellung. Es ist relevant, da es die Problematik der umsatzsteuerlichen Klassifizierung von Inklusivleistungen wie Frühstück und Schwimmbadnutzung aufgreift und praktische Aspekte der Rechnungslegung thematisiert, die für Hoteliers bei der Optimierung des 19%-Anteils entscheidend sind.
Die umsatzsteuerliche Aufteilung bei Hotelzimmern mit Schwimmbad und Frühstück als Inklusivleistungen bleibt eine komplexe Aufgabe für Hoteliers in Deutschland. Das gesetzliche Aufteilungsgebot erfordert eine präzise Abgrenzung zwischen der ermäßigt besteuerten Beherbergungsleistung (7%) und den dem Regelsteuersatz (19%) unterliegenden Zusatzleistungen wie Frühstück, Parkplatz oder Wellnessbereichen. Um den 19%-Anteil realistisch und zugleich minimiert abzubilden, sind transparente Rechnungsstellung und fundierte interne Kalkulationen unerlässlich. Hoteliers sollten sich auf etablierte Schätzungsmethoden stützen und ihre Prozesse entsprechend anpassen. Angesichts der anhängigen Verfahren vor dem EuGH und der möglichen zukünftigen Änderungen im Umsatzsteuerrecht ist es zudem entscheidend, die Entwicklungen genau zu verfolgen und gegebenenfalls Vorsorge durch offene Umsatzsteuerbescheide zu treffen. Eine strategische Angebotsgestaltung kann ebenfalls dazu beitragen, die Umsatzsteuerlast zu optimieren und gleichzeitig die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten.