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Wer erbt, wenn Mutter und Schwester ausschlagen? Eine detaillierte Betrachtung der gesetzlichen Erbfolge

Eine umfassende Analyse der Erbreihenfolge in Deutschland ohne Testament.

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Wichtige Erkenntnisse im Überblick:

  • Ausschlagung ändert die Erbfolge: Wenn gesetzliche Erben das Erbe ausschlagen, rücken die nachfolgenden Erben in der gesetzlichen Erbfolge nach.
  • Eltern erben vor Geschwistern: Im deutschen Erbrecht gehören Eltern zur zweiten Ordnung und schließen Geschwister (ebenfalls zweite Ordnung) von der Erbfolge aus, solange sie leben.
  • Onkel und Tanten erben erst nach Eltern und Geschwistern: Onkel, Tanten und deren Abkömmlinge (Cousins und Cousinen) gehören zur dritten Ordnung und erben nur, wenn keine näheren Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung vorhanden sind.

Wenn ein lediger Bruder ohne eigene Kinder verstirbt und kein Testament oder Erbvertrag hinterlassen hat, greift in Deutschland die gesetzliche Erbfolge gemäß den §§ 1924 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die gesetzliche Erbfolge folgt einem Ordnungssystem, bei dem nähere Verwandte entferntere Verwandte von der Erbschaft ausschließen.

Das System der gesetzlichen Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge teilt die Verwandten des Erblassers in verschiedene Ordnungen ein. Das Prinzip lautet: Solange ein Verwandter einer vorgehenden Ordnung lebt, erben die Verwandten der nachfolgenden Ordnungen nichts. Innerhalb einer Ordnung wird nach Stämmen geerbt, was bedeutet, dass die Abkömmlinge eines bereits verstorbenen Erben dessen Platz einnehmen.

Die Ordnungen sind wie folgt gegliedert:

Erste Ordnung (§ 1924 BGB): Abkömmlinge des Erblassers

Dazu gehören Kinder, Enkel und Urenkel des Erblassers. Lebt ein Kind, schließt es seine eigenen Kinder (die Enkel des Erblassers) von der Erbfolge aus. Ist ein Kind vor dem Erblasser verstorben, treten dessen Kinder (die Enkel des Erblassers) an seine Stelle und teilen sich seinen Erbteil.

In Ihrem Fall hatte Ihr Bruder keine eigenen Kinder, somit gibt es keine Erben erster Ordnung.

Zweite Ordnung (§ 1925 BGB): Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge

Hierzu zählen die Eltern des Erblassers sowie seine Geschwister, Neffen und Nichten. Leben beide Eltern des Erblassers noch, erben sie zu gleichen Teilen. Ist ein Elternteil verstorben, treten dessen Abkömmlinge (also die Geschwister des Erblassers) an die Stelle des verstorbenen Elternteils und teilen sich dessen Anteil.

In Ihrem Fall lebt Ihre Mutter noch. Sie gehört zur zweiten Ordnung der gesetzlichen Erben Ihres Bruders.

Dritte Ordnung (§ 1926 BGB): Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge

Diese Ordnung umfasst die Großeltern des Erblassers sowie deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen). Leben alle vier Großelternteile noch, erben sie zu gleichen Teilen. Ist ein Großelternteil verstorben, treten dessen Abkömmlinge an seine Stelle.

Vierte Ordnung und weitere Ordnungen

An die vierte Ordnung gehören die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge. Die gesetzliche Erbfolge kann sich theoretisch sehr weit fortsetzen.


Die Situation in Ihrem spezifischen Fall vor der Ausschlagung

Ohne die Ausschlagung würde die gesetzliche Erbfolge wie folgt aussehen:

Da Ihr Bruder keine Abkömmlinge (Erben erster Ordnung) hat, rückt die zweite Ordnung nach. Die zweite Ordnung besteht aus den Eltern und deren Abkömmlingen. Ihre Mutter lebt noch und gehört somit zur zweiten Ordnung. Ihr Vater ist verstorben.

Gemäß § 1925 BGB erben in der zweiten Ordnung die Eltern des Erblassers und, wenn ein Elternteil verstorben ist, dessen Abkömmlinge. Da Ihr Vater verstorben ist, treten Sie als seine Abkömmlinge (und somit als Geschwister Ihres Bruders) an seine Stelle.

Der Erbteil Ihrer lebenden Mutter beträgt die Hälfte des Nachlasses (§ 1925 Abs. 2 BGB). Die andere Hälfte, die eigentlich Ihrem verstorbenen Vater zugestanden hätte, fällt an dessen Abkömmlinge, also an Sie als einziges Geschwisterkind Ihres Bruders. Somit würden Sie unter normalen Umständen die andere Hälfte des Nachlasses erben.

Beispiel eines Stammbaums zur Veranschaulichung der Erbfolge

Ein Beispielstammbaum zur Illustration der Verwandtschaftsbeziehungen.


Die Auswirkungen der Ausschlagung des Erbes

Die Ausschlagung einer Erbschaft bewirkt, dass derjenige, der das Erbe ausschlägt, so behandelt wird, als wäre er zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht vorhanden gewesen (§ 1953 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, dass derjenige, der nach der gesetzlichen Erbfolge oder aufgrund eines Testaments berufen wäre, wenn der Ausschlagende nicht gelebt hätte, an die Stelle des Ausschlagenden tritt.

Wenn sowohl Sie als auch Ihre Mutter das Erbe Ihres Bruders ausschlagen, hat dies folgende Konsequenzen für die Erbfolge:

Ausschlagung durch die Mutter

Wenn Ihre Mutter ausschlägt, wird sie so behandelt, als wäre sie nicht mehr am Leben. Ihr halber Erbteil würde dann an ihre Abkömmlinge fallen. Da Ihr Bruder keine Kinder hatte und Sie ihre einzige andere lebende Abkömmlinge sind (neben dem verstorbenen Vater), würde ihr Anteil eigentlich an Sie fallen.

Ausschlagung durch Sie

Wenn Sie ausschlagen, werden Sie so behandelt, als wären Sie nicht mehr am Leben. Da Sie keine eigenen Abkömmlinge haben (die an Ihre Stelle treten könnten), fällt der Teil, der Ihnen zugestanden hätte, an die Nächstberufenen in der Erbfolge.

Gemeinsame Ausschlagung von Mutter und Schwester

Wenn sowohl Ihre Mutter als auch Sie das Erbe ausschlagen, werden beide so behandelt, als hätten sie zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt. Da Sie und Ihre Mutter die einzigen gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung waren (unter Berücksichtigung des verstorbenen Vaters), der durch Sie repräsentiert wurde, sind nach Ihrer beider Ausschlagung keine Erben der zweiten Ordnung mehr vorhanden.


Wer erbt nach der Ausschlagung von Mutter und Schwester?

Da nach der Ausschlagung Ihrer Mutter und Ihnen keine Erben der ersten oder zweiten Ordnung mehr vorhanden sind, rückt die dritte Ordnung der gesetzlichen Erbfolge nach.

Zur dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1926 BGB). Die Erben der dritten Ordnung sind die Großelternpaare väterlicher- und mütterlicherseits. Lebt ein Großelternteil nicht mehr, treten an seine Stelle dessen Abkömmlinge.

In Ihrem Fall, da Ihr Vater verstorben ist, sind seine Eltern (Ihre Großeltern väterlicherseits) die Vorfahren der dritten Ordnung auf seiner Seite. Ihre Mutter lebt noch, aber da sie das Erbe ausschlägt, wird sie für die Erbfolge als nicht lebend betrachtet. Ihre Eltern (Ihre Großeltern mütterlicherseits) sind die Vorfahren der dritten Ordnung auf ihrer Seite.

Wenn also Ihre Mutter und Sie das Erbe ausschlagen, erben die Erben der dritten Ordnung. Diese sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen).

Die gesetzliche Erbfolge in der dritten Ordnung sieht vor, dass die Großeltern zu gleichen Teilen erben. Sind Großeltern verstorben, treten deren Abkömmlinge an ihre Stelle. Das bedeutet, dass die Onkel und Tanten des Erblassers erben, wenn die entsprechenden Großelternteile vorverstorben sind.

Da Ihr Vater (Sohn der Großeltern väterlicherseits) verstorben ist, treten seine Abkömmlinge an seine Stelle. Da Sie aber auch ausschlagen, fällt der Erbteil, der über die Linie Ihres Vaters ginge (an die Großeltern väterlicherseits und dann deren Abkömmlinge, zu denen Ihr Vater gehörte und dann Sie), an die nächste Generation in dieser Linie, sofern vorhanden. Wenn es Geschwister Ihres Vaters gibt (also Onkel und Tanten Ihres Bruders väterlicherseits), würden diese erben.

Auf der Seite Ihrer Mutter: Ihre Mutter lebt zwar, schlägt aber aus. Somit fällt ihr Erbteil an ihre Abkömmlinge. Da Ihr Bruder keine Kinder hatte und Sie ausschlagen, fällt dieser Teil an die Nächstberufenen in der Linie Ihrer Mutter. Dies wären Ihre Großeltern mütterlicherseits, falls sie noch leben. Leben sie nicht mehr, treten deren Abkömmlinge (Geschwister Ihrer Mutter, also Onkel und Tanten Ihres Bruders mütterlicherseits) an ihre Stelle.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach der Ausschlagung durch Ihre Mutter und Sie, die Erben der dritten Ordnung zum Zuge kommen. Das sind die Großeltern Ihres Bruders. Wenn diese nicht mehr leben, erben deren Abkömmlinge. Zu den Abkömmlingen der Großeltern Ihres Bruders gehören seine Onkel und Tanten (also die Geschwister seiner Eltern) und, wenn diese ebenfalls verstorben sind, deren Abkömmlinge (Cousins und Cousinen Ihres Bruders).

Ihr Onkel (als Bruder oder Schwester eines Ihrer Elternteile) gehört zur dritten Ordnung der gesetzlichen Erbfolge Ihres Bruders. Seine Kinder sind Abkömmlinge der dritten Ordnung.

Somit ist die Antwort auf Ihre Frage: Ja, unter diesen Umständen erben die Erben der dritten Ordnung. Das bedeutet, dass die Großeltern Ihres Bruders erben. Wenn diese verstorben sind, erben die Onkel und Tanten Ihres Bruders. Wenn ein Onkel oder eine Tante ebenfalls verstorben ist, treten deren Kinder (die Cousins und Cousinen Ihres Bruders) an ihre Stelle.

Die konkrete Verteilung innerhalb der dritten Ordnung hängt davon ab, welche Großelternteile noch leben und welche Abkömmlinge von den bereits verstorbenen Großeltern und deren Kindern (Onkeln und Tanten) vorhanden sind. Wenn alle Großeltern vorverstorben sind und es nur Onkel und Tanten gibt, erben diese zu gleichen Teilen. Wenn ein Onkel oder eine Tante vorverstorben ist und Kinder hat, treten diese Kinder (die Cousins und Cousinen Ihres Bruders) an deren Stelle.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ausschlagung des Erbes fristgebunden ist. Die Frist beträgt in der Regel sechs Wochen ab Kenntnis vom Erbfall und dem Grund der Erbenstellung.

Hier ist eine Tabelle, die die gesetzliche Erbfolge ohne Ehepartner und Kinder veranschaulicht:

Erbordnung Gesetzliche Erben Voraussetzungen für die Erbfolge
1. Ordnung Kinder, Enkel, Urenkel Schließen alle nachfolgenden Ordnungen aus.
2. Ordnung Eltern und deren Abkömmlinge (Geschwister, Neffen, Nichten) Erben nur, wenn keine Erben 1. Ordnung vorhanden sind. Eltern erben vor Geschwistern.
3. Ordnung Großeltern und deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen) Erben nur, wenn keine Erben 1. oder 2. Ordnung vorhanden sind. Großeltern erben vor Onkeln/Tanten/Cousins/Cousinen.
4. Ordnung und weitere Urgroßeltern und deren Abkömmlinge Erben nur, wenn keine Erben der vorhergehenden Ordnungen vorhanden sind.

In Ihrem Fall schlagen die einzigen Erben der zweiten Ordnung (Ihre Mutter und Sie als Vertreter Ihres Vaters) aus, wodurch die dritte Ordnung, zu der Ihr Onkel gehört, zum Zuge kommt.


Was passiert, wenn alle gesetzlichen Erben ausschlagen?

Sollten tatsächlich alle gesetzlichen Erben bis zur letzten Ordnung das Erbe ausschlagen, fällt das Erbe an den Staat (§ 1942 BGB). Der Staat kann das Erbe nicht ausschlagen, haftet aber in der Regel nur bis zur Höhe des Nachlassvermögens für die Schulden des Erblassers.


FAQ - Häufig gestellte Fragen zur Erbschaftsausschlagung und gesetzlichen Erbfolge

Wie schlägt man ein Erbe aus?

Die Ausschlagung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Die Frist beginnt, sobald der Erbe Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund seiner Berufung erlangt. Dies geschieht in der Regel durch Benachrichtigung vom Nachlassgericht. Die Ausschlagung kann entweder zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form vor einem Notar erklärt werden.

Kann ich das Erbe nur teilweise ausschlagen?

Nein, eine teilweise Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft ist grundsätzlich nicht möglich. Man kann das Erbe entweder annehmen oder vollständig ausschlagen.

Kann man ein Erbe auch schon vor dem Tod des Erblassers ausschlagen?

Eine vor dem Erbfall erklärte Ausschlagung ist unwirksam. Die Ausschlagung ist erst nach dem Eintritt des Erbfalls möglich.

Was sind die möglichen Gründe für eine Erbausschlagung?

Häufigste Gründe sind die Überschuldung des Nachlasses oder der Wunsch, dass eine andere Person, die in der gesetzlichen Erbfolge nachrücken würde (z.B. die eigenen Kinder), das Erbe erhält. Eine Ausschlagung kann auch taktische Gründe haben, beispielsweise um Erbschaftssteuer zu sparen.

Was ist der Unterschied zwischen Ausschlagung und Erbverzicht?

Die Ausschlagung erfolgt nach dem Erbfall. Ein Erbverzicht ist eine vertragliche Vereinbarung, die vor dem Erbfall zwischen dem zukünftigen Erblasser und dem potenziellen Erben getroffen wird, um auf das zukünftige Erbrecht zu verzichten. Ein Erbverzicht bedarf der notariellen Beurkundung.


Das Video erläutert, wann und wie ein Erbe ausgeschlagen werden kann, was für Ihre Situation relevant ist.

Referenzen


Last updated April 22, 2025
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